Verband des
privaten gewerblichen
Straßenpersonenverkehrs
Nordrhein-Westfalen VSPV e.V.

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Bundesrat bittet Bundesregierung, das Taxi- und Mietwagengewerbe im ländlichen Raum zu Grabe zu tragen

In der in Bundesratsdrucksache 200/21 veröffentlichten Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts ist in Teil B Ziff. 2 die Bitte an die Bundesregierung enthalten, die Freistellungsverordnung dahingehend zu überarbeiten, als daß ehrenamtliche und sog. „soziale Fahrdienste“ von den Anforderungen des PBefG befreit werden sollten.

Diese Bitte stößt unsererseits auf erhebliche Bedenken. Eine derartige Erweiterung der Freistellungsverordnung höhlt nicht nur das PBefG in seinem Grundzwecke – nämlich die Einhaltung von Sicherheits- und Sozialstandards zum Schutze der Fahrgäste und Beschäftigten – aus, sondern nimmt billigend in Kauf, daß vulnerabelste Personengruppen unserer Gesellschaft von unausgebildetem Fahrpersonal befördert werden. Darüber hinaus wären die Folgen für die Mobilität gerade im ruralen Raum verheerend.

Die Taxi- und Mietwagenunternehmen im ländlichen Raum dienen als wesentlicher Baustein der Mobilität der Daseinsvorsorge. Taxen ergänzen, ersetzen und verdichten nicht nur den Verkehr von Bussen und Bahnen, sie sind oft auch das einzige öffentliche Verkehrsmittel, wenn beispielsweise in ländlichen und schwach besiedelten Regionen immer mehr Linien gestrichen werden. Sie unterliegen einer Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht. Für die Verkehrswende im ruralen Raum sind sie unverzichtbar. Jedoch trägt dieser Teil der Taxi- und Mietwagenunternehmen die Kosten für den Betrieb dieses unverzichtbaren Mobilitätsbausteins nur begrenzt. Vielmehr sind Taxi- und Mietwagenunternehmen als einziger nicht subventionierter Bestandteil des öffentlichen Personenverkehrs vor allem im ländlichen Raum wirtschaftlich von der Durchführung von Krankenfahrten unterschiedlicher Art abhängig. Ein quasi-gewerbliches Substitut unter dem Deckmantel von Ehrenamt und Gemeinnützigkeit – denn nur darum kann es bei dem Vorstoß des Bundesrates gehen, da bürgerschaftlich organisierte Nachbarschaftshilfen ohne Beförderungsentgelt bereits nach §1 Ziff. 3 der Freistellungsverordnung befreit sind – für diesen elementaren Teil der Einnahmenstruktur der Taxi- und Mietwagenunternehmen wird dazu führen, daß es im ländlichen Raum demnächst heißen wird „Kein Anschluß unter dieser Nummer“, wenn man ein Taxi bestellen möchte. Und wenn diese bewährten Strukturen im öffentlichen Personenverkehr einmal weggebrochen sind, wird es Jahre dauern, sie wieder aufzubauen. Neben dem Verlust von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen in ohnehin strukturschwachen Regionen, schneidet man damit die Menschen im ländlichen Raum – etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung – von Mobilitätsstrukturen ab. So kann die Verkehrswende nicht gelingen, denn unter solchen Bedingungen wird niemand auf sein Auto verzichten.

Es wären jedoch auch Auswirkungen weit jenseits der Mobilität und der betroffenen Unternehmern hinaus gesichert zu erwarten – von unerwünscht bis tödlich! Der etablierte Branchenstandard bei Krankenfahrten, insbesondere bei Dialysefahrten, ist – auch ohne daß dies explizit im Beförderungsvertrag vereinbart ist – die Verbringung des Fahrgastes bis zum Behandlungsplatz einschließlich Leistungen wie ein ggfs. erforderliches Wiegen vor und nach der Behandlung, u.U. auch mit und ohne Rollstuhl. Es steht nicht zu vermuten, daß ehrenamtliche Fahrdienste mit Beförderungsentgelt, die durch den Vorstoß des Bundesrates begünstigt werden sollen, dies überhaupt und vor allem auch in der geforderten Qualität erbringen. Das Ergebnis wird sein, daß diese Tätigkeiten wieder durch das Kranken- und Pflegepersonal erbracht werden müssen – was die jüngsten Bemühungen, gerade diesen Personenkreis zu entlasten, völlig konterkariert.

Zudem ist ein großer Teil der in Rede stehenden Fahrten termingenau und mit größter Zuverlässigkeit durchzuführen, bspw. sind Dialysetermine derart eng getaktet, daß selbst geringe Verspätungen enorme Auswirkungen haben, von den lebensbedrohenden Folgen eines wegen ausgefallener Fahrt verpassten Dialysetermins ganz zu schweigen. Es fehlt bei Ehrenamtlichen an Zugriffsmöglichkeiten des Anbieters, die ein Unternehmer, der für die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit mit seinem Vermögen einsteht, gegenüber seinen Arbeitnehmern hat. Es fehlt an einer arbeitnehmergleichen Verpflichtung, die Arbeitsleistung zu erbringen, überhaupt zu erscheinen, sich ggfs. krankzumelden usw. Andererseits fehlt es aber für ehrenamtliches Personal auch am arbeitnehmergleichen Schutz, denn auch wenn bspw. die Unfallverhütungsvorschriften zumindest dann gelten, wenn der Träger die Ehrenamtler in der DGUV versichert, bleiben den Ehrenamtlichen zahlreiche Schutzfunktionen des Arbeitsschutzrechts versagt.
Diese Ansicht hat der VSPV gestern den zuständigen Ministern in Bund und Land sowie den fachlich betroffenen Ausschüssen des Landtags in einem entschlossenen Schreiben vorgetragen. „In den hippen Landeshauptstädten ist man offenkundig sehr weit von der Lebensrealität in weiten Teilen der Flächenländer entfernt, wenn eine derartige Entschließung im Bundesrat nicht nur ohne Gegenstimme bleibt, sondern diese massive Gefährdung des Bestands des Taxi- und Mietwagengewerbes im ländlichen Raum nicht einmal in der Debatte aufgegriffen wird“, moniert der neue VSPV-Geschäftsführer Sascha Waltemate. Sein im Oktober scheidender Kollege Jörg Beer sekundiert: „Wenn man den Unternehmen die Einnahmequellen wegnimmt, wird es den Mobilitätsbaustein Taxi auf dem Land zukünftig nicht mehr geben.“ 

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