Verband des
privaten gewerblichen
Straßenpersonenverkehrs
Nordrhein-Westfalen VSPV e.V.

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Stellungnahme zum Eckpunktepapier der PBefG-Findungskommission

Das Eckpunktepapier der PBefG-Findungskommission für eine zukunftsorientierte Novellierung des Personenbeförderungsrechts ist als äußerst problematisch zu bezeichnen. Bei einer Umsetzung der von der Findungskommission empfohlenen Maßnahmen droht nicht nur eine einseitige wesentliche und existenzbedrohende Benachteiligung unseres Gewerbes zugunsten von vermeintlich neuen Mobilitätsanbietern wie Moia, Uber, CleverShuttle etc. Auch der ÖPNV und die Mobilitätsversorgung der Bevölkerung, insbesondere auf dem Land, werden massiv beeinträchtigt.

Darüber hinaus werden Verantwortungen zur Kontrolle auf die Kommunen abgewälzt, die zur Erfüllung dieser neuen Aufgaben weder finanziell noch personell in der Lage sind. Es droht insofern ein für die Allgemeinheit ebenfalls kritisches Chaos bzw. ein faktisch rechtsfreier Zustand.

Gefördert wird dies auch durch die unpräzise und unklare Formulierung der Eckpunkte.

Im Einzelnen ist folgendes zu kritisieren:

Zu 1: Eindeutige Regelung der genehmigungsfreien Mitnahme

Zunächst einmal fehlt es hier schon an der notwendigen Klarstellung, ob es sich bei den „zurückgelegten Kilometern“ um gefahrene Kilometer oder nur um besetzt gefahrene Kilometer handelt, als Fahrkilometer, bei denen sich Fahrgäste an Bord befunden haben.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie überhaupt eine praktische Kontrolle stattfinden soll, ob das Gesamtentgelt aller Fahrgäste den Höchstbetrag von 0,30 € pro Kilometer nicht überschreitet. Eine solche dürfte in der Realität kaum möglich sein. Das Einfalltor für eine missbräuchliche gewinnorientierte Nutzung z.B. durch Hotels, Pflegedienste, Krankenhäuser, Tageskliniken etc. würde eröffnet.

Zu 2 und 3: Einordnung bedarfsgesteuerter Pooling-Dienste des ÖPNV als Linienverkehr/Genehmigungsfähigkeit von Pooling-Diensten außerhalb des ÖPNV

Diese beiden Punkte lassen sich nicht voneinander trennen.

Bei Umsetzung der Empfehlungen würde eine einseitige Bevorteilung von privatwirtschaftlichen Pooling-Diensten außerhalb des ÖPNV zum Nachteil des „klassischen“, sprich kommunalen, ÖPNV und damit zum Nachteil der Bevölkerung, drohen. Für die Pooling-Dienste außerhalb des ÖPNV würde weder eine Betriebs- noch eine Beförderungspflicht gelten. Ebenso keine Rückkehrpflicht. Die Anbieter könnten sich ganz auf die lukrativen Gebiete und Bedarfszeiten konzentrieren, während der klassische ÖPNV weiterhin auf noch höhere staatliche Subventionen angewiesen wäre, um die nicht lukrative Mobilitätsversorgung der Bevölkerung, vor allem auf dem Land und während Zeiten geringerer Nachfrage, aufrechterhalten zu können. Wie so oft würden die Gewinne privatisiert und die Verluste der Allgemeinheit aufgebürdet.

Es stellt sich auch die Frage, ob die Subventionen der Verkehrsbetriebe für neue Verkehre an Pooling-Unternehmer innerhalb des ÖPNV weitergegeben werden. Nur dann könnten diese auf Basis hoch subventionierter ÖPNV-Tarife wirtschaftlich arbeiten.

Warum sollen die Kommunen einen Tarifkorridor für Pooling-Dienste außerhalb des ÖPNV festlegen? Besteht die Befürchtung, dass die Pooling-Dienste die hoch subventionierten ÖPNV-Tarife unterbieten könnten? Welchen Zweck soll eine Tarifobergrenze haben? Warum wird hier nicht ebenfalls die Preisregulierung dem Markt überlassen, wenn dieser doch in der Lage sein soll, alles selbst zu regeln?

Wie sollen die personell und wirtschaftlich schon jetzt völlig überlasteten Kommunen eine Regulierung von Tarifkorridoren, Pooling-Quoten, Rückkehrpflichten und Sozialstandards und deren Einhaltung überhaupt bewerkstelligen? Die Findungskommission bleibt eine Antwort schuldig, weil die Vorschläge nicht realistisch sind.

Wenn für die neue Verkehrsform “Pooling“ grundsätzlich keine Rückkehrpflicht gelten soll, stellt sich die Frage, warum die Kommunen überhaupt in die Lage versetzt werden sollen, Rückkehrpflichten für auftragslose Pooling-Fahrzeuge zu gestalten.

Zu 4: Taxiverkehr

Obwohl das Fiskaltaxameter nun schon seit mehreren Jahren eingeführt ist, fehlen noch immer konkrete Vorgaben zu dessen Anwendung für die Finanzverwaltung. Nun soll noch App-basierte Systeme hinzukommen. Hierdurch wird das Chaos und die Unsicherheit sowohl auf Seiten der Finanzverwaltung als auch auf Seiten der steuerpflichtigen Unternehmer weiter vergrößert. Offen bleibt auch, wie die Eichdirektionen zu solchen Apps stehen.

Kritisch ist auch die Freigabe der Fahrpreise auf dem Bestellmarkt. Dieser macht, insbesondere auf dem Land, einen Großteil der Fahrten aus. Eine Freigabe der Preise würde zu einem ruinösen Preiskampf und letztlich – nach Abschluss des Verdrängungswettbewerbs – zu einer für die Bevölkerung nachteiligen Monopolisierung führen. Nach dem aktuell gültigen PBefG gibt es ohnehin die Möglichkeit, für besondere Fahrten Sondervereinbarungen zu treffen. Dies hat sich bewährt.

Der Vorbehalt einer Einzelplatzvermietung allein für die neue Verkehrsform „Pooling“ stellt eine sachlich nicht gerechtfertigte einseitige Benachteiligung des Taxiverkehrs dar und widerspricht dem mit der Novellierung des PBefG verfolgten Gedanken der Deregulierung.

Die Ortskundeprüfung ist ein Qualitätskriterium und dient den Interessen der Bevölkerung. Sie lässt sich durch Navigationsgeräte nicht einfach ersetzen.

Der Fachkundenachweis hat sich ebenfalls bewährt, da er eine gewisse Unternehmerqualifikation, sowohl im Interesse der Kunden als auch im Interesse der Unternehmer selbst, sicherstellt. Wie soll ein alternativer kleiner Fachkundenachweis aussehen? Muss weiterhin jede/r angehende Unternehmer/in die fachliche Eignung im Sinne der Berufszugangsverordnung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die persönliche Zuverlässigkeit nachweisen?

Es stellt sich die Frage, wie eine Subventionierung flächendeckenden Taxiverkehrs durch die ÖPNV-Aufgabenträger erfolgen soll. Wo keine Nachfrage besteht, hilft auch keine öffentliche Finanzierung, die letztlich zu Lasten des Steuerzahlers geht.

Zu 5: Mietwagenverkehr

Eine sachliche Begründung dafür, „neue Pooling-Dienste“ von der Rückkehrpflicht zu entbinden, Mietwagen hingegen nicht, ist nicht ersichtlich. Auch hier liegt wieder eine einseitige, nicht gerechtfertigte Bevorzugung der „neuen Pooling-Dienste“ vor.

Abgesehen davon, dass die Kommunen, wie bereits dargelegt, nicht in der Lage sind, Anti-Dumping-Regelungen festzulegen, geschweige denn deren Einhaltung strikt zu kontrollieren, bestünde hierfür bei Beibehaltung verbindlicher Taxitarife auch überhaupt keine Notwendigkeit. Da Taxi- und Mietwagen gleiche Kostenstrukturen haben, konnten und mussten sich die Mietwagenunternehmer immer am Taxitarif orientieren. Milliardenschwere „neue Pooling-Dienste“, hinter denen z.B. große Automobilkonzerne oder die Deutsche Bahn stehen, dürften demgegenüber keine Probleme haben, Dumpingpreise über längere Zeit anzubieten, um sich der Konkurrenz des Taxi- und Mietwagengewerbes zu entledigen.

Zu 6: Mischkonzessionen

Bereits die bisher mögliche Kombination von Taxi- und Mietwagenkonzession hat für Intransparenz gesorgt und sich nicht bewährt. Dieser Effekt würde bei einer Taxi-, Mietwagen- und Pooling-Mischkonzession noch verstärkt. Der Kunde wüsste letztlich gar nicht, mit wem er es zu tun hat.

Wenn schon Mischkonzessionen für Taxi, Mietwagen und Pooling ermöglicht werden sollen, stellt sich die Frage, warum dies nur in Orten mit weniger als 50.000 Einwohnern der Fall sein soll. Es drängt sich der Verdacht auf, dass der gerade für das Pooling besonders lukrative Markt der Großstädte den „neuen Pooling-Diensten“ vorbehalten bleiben, diese also wieder einseitig und sachlich nicht gerechtfertigt zu Lasten des Taxi- und Mietwagengewerbes bevorzugt werden sollen.

Zu 7: Kennzeichnungspflicht von Taxen, Mietwagen und Pooling-Diensten

Aus den Ausführungen der Findungskommission geht nicht hervor, ob die Taxifarbe hell-elfenbein, die sich bewährt hat, ein Markenzeichen ist und der Erkennbarkeit für die Bevölkerung dient, abgeschafft werden soll. Ebenso erschließt sich nicht, wie Mietwagen und Pooling-Fahrzeuge gekennzeichnet werden sollen, wenn auf neue Kennzeichen oder Nummernschilder verzichtet wird.

Zu 8: Verpflichtende Bereitstellung von Mobilitätsdaten

Die Bereitstellung entsprechender Daten erscheint grundsätzlich sinnvoll. Offen bleibt aber, wie diese konkret – z.B. auch im Hinblick auf den Datenschutz - erfolgen soll.

Zu 9: Herstellung einer weitgehenden Barrierefreiheit

Auch hier ist wieder festzustellen, dass ohne sachliche Grundlage zwischen einer Barrierefreiheit innerhalb des ÖPNV und einer nur eingeschränkten Barrierefreiheit für „neue Pooling-Dienste“ differenziert wird. Die Verantwortung für die Festlegung der Vorgaben wird wieder auf die kommunalen Träger abgewälzt.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die von der Findungskommission entwickelten Eckpunkte keine Grundlage für eine Novellierung des PBefG darstellen, die für alle Marktteilnehmer faire und gleiche Wettbewerbschancen bietet. Vielmehr werden die „neuen Mobilitätsanbieter“ einseitig zu Lasten des Taxi- und Mietwagengewerbes und des ÖPNV begünstigt und eine Verdrängung gefördert. Zudem werden den Kommunen Aufgaben und Verantwortungen aufgebürdet, die diese mangels personeller und finanzieller Mittel nicht erfüllen können. Letztlich würde sich eine Reform des PBefG auf Grundlage der vorliegenden Eckpunkte insofern auch zum Nachteil der Bevölkerung auswirken. Um dies festzustellen, bedarf es nur eines Blickes nach Amerika, wo genau diese negativen Entwicklungen bereits eingetreten sind und nun verzweifelt versucht wird, sie wieder rückgängig zu machen. Das Eckpunktepapier bedarf daher einer Überarbeitung und wesentlicher Korrekturen. Wir werden uns hierfür wie bisher weiter intensiv gegenüber der Politik, aber auch bei den Industrie- und Handelskammern als Interessenvertretung der Unternehmer, bei den von der geplanten Reform ebenfalls betroffenen Städten und Kommunen und weiteren Institutionen einsetzen.  

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